ENTEHRT

EIN VERSUCHTER FEMIZID IN KALABRIEN
[UND SO VIELE GELUNGENE HIERZULANDE]
Eine begehbare Installation rund um
einen Monolog von Saverio La Ruina
Ein interdisziplinäres Projekt von Roberta Cortese
· Übersetzung aus dem Kalabrischen, Regie & Raum ·
Koregie · Luigi Chiarella
Pasqualina · Bernhardt Jammernegg
Pascalì · Roberta Cortese
06.-12.12.2024 Kulturraum Spitzer
Installation immer ab 18 Uhr - freier Eintritt
Monolog am 6., 7., 10., 11., 12. um 20 Uhr
Tickets € 15 / € 12 / Kulturpassuna coproduzione
Kulturverein Satyrikon & Theaterverein Odeon
mit Unterstützung von sirene Operntheater
und eine Förderung des 2. Wiener Gemeindebezirk
Österreichische Uraufführung

Ein interdisziplinäres Projekt zum Thema Gewalt an Frauen, Femizid und Ehrenmord: Ein Stück italienischen Erzähltheaters, integriert in eine begehbare Installation aus Leintüchern, formelles und inhaltliches Bindeglied zwischen Wort und Raum.

Die Besucher*innen des Spitzer befinden sich in Pasqualinas Haus. Der vordere Raum ist die Waschküche, in der aufgehängte Bettlaken eine 'Familiengalerie' österreichischer Femizidopfer aus dem laufenden Jahr bilden (14 soweit). Diese führt nahtlos in Pasqualinas Wohnzimmer. Und genauso wie die Opfer als Pasqualinas 'Schicksalschwestern' gelten, werden die Besucher*innen, nach bester süditalienischer Tradition, von Pasqualina selbst als Familienmitglieder betrachtet, die mit einem Lächeln ihre Geschichte als Überlebende des Missbrauchs und des Ehrenkodex erzählt.

Das Vorhaben führt zu einer doppelten Reflexion: einerseits über das Fortbestehen patriarchaler Strukturen in unserer heutigen Gesellschaft, andererseits über die menschliche Distanz zwischen uns Bürger*innen - denn Pasqualina könnte unsere Nachbarin sein. La Ruinas Beispiel folgend, stellt Bernhardt Jammernegg Pasqualina dar. Roberta Cortese unterstützt das Spiel mittels Einwürfe auf Kalabrisch und mit uralten, alltäglichen Gesten, als Ausdruck der Verbundenheit unter Frauen in Not.

Sungu na fìammina e quannu passu mìanzu i genti agghia teni a capa vasciata fa chi cuntu i petri pi nterra. Si mi pàrlidi angunu, nu zùacculu ncapa e via p’i fatti suji. Tiru i zùacculi pi difesa e pu n’ata vota a capa vasciata a cuntà i petri pi nterra. Si vèni angunu a mi dici “Oh, jamu a tala parta”, ji u pigghiu subbitu a petrati: “Chi jè sta cunfidenza?”. Un davu retta a nisciunu e un gavuzu mai l’ùacchi a nterra ca si nziammai i gavuzu a supa a nu masculu chi passi, a lu paisu tutti mi chiaminu puttana.

“Ein Weib bin ich, und wenn ich unter Menschen geh’, muss ich den Kopf nach unten halten, die Steine auf dem Boden zählen. Wenn mich jemand anspricht, ‘n Holzschuh auf den Kopf und nichts wie weg. Ich werfe Holzschuhe zur Verteidigung, dann wieder Kopf nach unten, die Steine auf dem Boden zählen. Wenn jemand zu mir kommt und sagt: “He, lass uns dorthin gehen”, da werfe ich ihm gleich Steine nach: “Was bildest du dir ein?”. Ich höre auf gar niemanden und hebe nie den Blick vom Boden, denn der Himmel bewahre, dass ich ihn über einen Mann erhebe, der grad’ an mir vorbeigeht, im Dorf nennen mich alle eine Hure.”

Dissonorata (Entehrt) auf der Webseite von Scena Verticale

Femizid ist die vorsätzliche Tötung einer Frau durch einen Mann aufgrund ihres Geschlechts bzw. aufgrund von "Verstößen" gegen die traditionellen sozialen und patriarchalen Rollenvorstellungen, die Frauen zugeschrieben werden. Femizide gehören daher zu den Hassverbrechen. Die Definition geht auf die südafrikanische Soziologin und Autorin Diana Russell zurück, die 1976 eine der ersten war, die den Begriff verwendete. (Aus der Webseite des Vereines AÖF - Autonome Österreichische Frauenhäuser)

 

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