ROBERTA CORTESE & ANGELO CONTO
Società dei Concerti in Triest, 21. Februar 2016
Acht Auszüge aus Jelineks Text und acht Lieder aus Franz Schuberts Zyklus auf Texte von Wilhelm Müller: Die "Wortflächen" finden die Lieder wieder, die sie inspirierten. In einer modernen Neuinterpretation von Schubert, reichen Roberta Cortese und Angelo Conto dem Publikum die Hand auf den rauen Pfaden von Jelineks Schreiben und folgen den Spuren eines Antihelden, der zu beiden Autoren gehört.
Winterreise von Schubert/Müller sammelt Erinnerungen und Eindrücke eines von der Liebe enttäuschten Mannes auf seiner ziellosen Reise durch eine Winterlandschaft: Im Zentrum des Werkes steht der Wandererder Prototyp des romantischen Helden, aber nicht nur das.
Auf einer tieferen Leseebene ist bei Schubert schon lange eine subtile und gezielte Kritik am reaktionären System der Restauration und an Metternichs Zensurpolitik zu erkennen. Schubert und Jelinek projizieren denselben Zustand eines "Fremden in der Heimat", dessen Themen Einsamkeit, innere Emigration und erzwungene Einwanderung, Fremdsein und Fremdbleiben in der Welt sind. Wir lesen und nehmen teil an der Krise des Einzelnen, am Kampf gegen die Zeit und gegen ein äußeres (soziales, politisches) Übel, das den inneren Raum (von Verstand und Herz, von Wünschen und Willen) bedroht.
Es ist die Reise eines Anti-Helden, mit dem man sich heute mehr denn je identifizieren kann, eine Reise, bei der die einzige Waffe, mit der man sich verteidigt und trotz allem stur und verzweifelt weitermacht, die Sprache ist.
Spuren
aus Jelineks Teil "drei" + Gefrorne Tränen von Schubert / Müller
aus Jelineks Teil "acht" + Der Leiermann von Schubert / Müller